Robert Walsers Biel Français

9. Abschied

Bahnhof, Robert-Walser-Platz

Aus: Träumen – Prosa aus der Bieler Zeit
Das letzte Prosastück
, gelesen von Isabelle Freymond

Wahrscheinlich ist dies mein letztes Prosastück. Allerlei Erwägungen lassen mich glauben, es sei für mich Hirtenknaben höchste Zeit, mit Abfassen und Fortschicken von Prosastücken aufzuhören und von offenbar zu schwieriger Beschäftigung zurückzutreten. Mit Freuden will ich mich nach anderer Arbeit umschauen, damit ich mein Brot in Frieden essen kann. Was tat ich zehn Jahre lang? Um diese Frage beantworten zu können, muss ich erstens seufzen, zweitens schluchzen und drittens ein neues Kapitel oder frischen Abschnitt beginnen. Zehn Jahre lang schrieb ich fortgesetzt kleine Prosastücke, die sich selten als nützlich erwiesen. Was habe ich dulden müssen! Hundertmal rief ich aus: «Nie mehr wieder schreibe und sende ich», schrieb und sandte aber jeweilen schon am selben oder folgenden Tag neue Ware, derart, dass ich meine Handlungsweise heute kaum noch begreife. Was ich an Einsenden leistete, macht mir kein Zweiter nach. Dies steht einzig da und gehört um seiner Possierlichkeit willen an die Plakatsäule geheftet, damit jedermann über meine Treuherzigkeit staunen kann. […]

«Was dem einen missfällt, schmeckt vielleicht dem andern», dachte ich und sandte das Stück nach Kuba. Das sich durchaus uninteressiert zeigte. Ich glaube, das beste wird sein, wenn ich mich in eine Ecke setze und still bin.