Robert Walsers Biel Français

5. Heimkehr

Unterer Quai 45, Früheres Hotel Blaues Kreuz

Aus: Kleine Dichtungen
Die Vaterstadt
, gelesen von Isabelle Freymond

Der junge, rüstige Reisende langte mit der Bahn in der Stadt an, in der er geboren war. Der Ort erschien ihm lieblich wie nie zuvor. Er trat in einen Zigarrenladen und kaufte sich Tabak. Der Zigarrenhändler entpuppte sich als ein Schulkamerad von ihm. Viele Jahre war der Reisende fort gewesen, wie war er jetzt entzückt, dass in der Heimatstadt alles so schön gleich geblieben. […] Dunkle Aprilfarben erfüllten die Luft und überraschend für des Fremdlings Augen war der Glanz, der in der Sphäre und auf allen Gegenständen lag. Etwas Niegesehen Grosses breitete sich deutlich vor ihm aus und liess ihn Erregungen gänzlich neuer Art empfinden. Er war erregt und beglückt dabei, er zitterte und er hätte dazu lachen und spielen mögen. Es war ihm um die Brust, als sei er, seit er die alte, liebe Stadt betreten, wieder viel jünger und viel gütiger und viel freundlicher geworden. Unbefangen und freundlich schauten die Leute ihn an, ohne ihn lang und scharf und gross anzublikken. So behaglich und frei und warm und köstlich kam ihm alles vor, die Häuser so zierlich, die Bäume so prächtig. […] Der Reisende schaute und horchte. Horchte, horchte! Er ging nur ganz langsam weiter und blieb immer stehen. Seine Unbefangenheit kämpfte mit einer Art von Bangen und Ahnen, welches sich seiner Seele bemeisterte. Er fand zuletzt ein Häuschen, das am Felsen angeschmiegt lag. Die Bäume im zierlichen Garten waren so klein. Alles schien zu lächeln, zu lispeln und zu zwitschern. Tiefsinnig-grün schaute ihn ein Stück Wiese an. Er besann sich auf alte längst vergessene Träumereien.